Die Gatterstädter Flur mit ihrer Größe von rund 1.500 ha ist ein fruchtbares Stück Erde.
Dort wo sich heute der Ort Gatterstädt befindet und in der weiteren Umgebung haben deshalb wohl schon früh Menschen gelebt.
Wie früh wissen wir nicht.
Was wir allerdings wissen ist, dass es hier mindestens seit der Jungsteinzeit der Fall war.
Diese Vorfahren haben uns mit Sicherheit unabsichtlich Dinge hinterlassen, die als sogenannte Bodenfunde in Form von Beilen, Hämmern, Schmuck und Gefäßen, in den letzten Jahrzehnten/Jahrhunderten von aufmerksamen Sammlern entdeckt und den Museen in Berlin, Halle und Weimar übergeben wurden.
Dort wurde auch die zeitliche Zuordnung der Funde festgestellt.
Ein besonders schönes Stück wurde bei Ausgrabungsarbeiten entdeckt. Ein aus dreikantigen gedrehten Goldstäben zusammen gewundener Halsring.
Nun zur eigentlichen Gründung des heutigen Dorfes.
Sie dürfte zwischen dem dritten und fünften Jahrhundert durch hermundurisch/thüringische Siedler erfolgt sein.
4. - 10. Jahrhundert
So stand der Ort unter thüringischem Einfluss, bis zum Untergang des alten Thüringer Königreichs im Jahr 531. Danach übernahmen, wie immer bei solchen Sachen, die Sieger, in dem Fall die Sachsen.
Das Hersfelder Zehntverzeichnis, erstellt in den letzten 20 Jahren des neunten Jahrhunderts, ist für viele Orte die erstmalige namentliche Erwähnung, oder Dokumentation.
Das gilt auch für Gatterstädt, dort allerdings unter Gozerestat neben Ludisleba (Lodersleben) dokumentiert.
Seltsamerweise wurde das weder nach 1000 Jahren noch nach 1100 Jahren zum Anlass irgendeiner Würdigung genommen. (Kein Umzug, kein gutes Essen, keine gepflegten Getränke – schade eigentlich. Die Zeit hat wohl nicht gepasst.)
Spätere Namensformen waren u.a. Goterstete, Gatersteten, Gatterstidde, zuletzt Gatterstedt.
11./12. Jahrhundert
Wir kommen nun in das 11. Jahrhundert, für Gatterstädt das Jahrhundert der Heiligen.
Kaiser Heinrich II (der Heilige), der sich während seiner Regentschaft an dem polnischen Herrscher Boleslaw abgearbeitet hat, besuchte am 18.05.1019 Gatterstädt und stellte hier eine Urkunde aus.
Er befand sich auf einer Reise von Allstedt nach Magdeburg.
Im Jahr 1054 wird der erste Bauabschnitt der Romanischen Kapelle St. Petri abgeschlossen.
In einem zweiten wird 1079 ein Turm angefügt und der Eingang nach Westen verlegt.
Die Kirche St. Petri ist eine der ältesten Sakralbauten in der näheren Umgebung und wurde von der heiligen Pauline, der Gründerin des Klosters Paulinzelle, für Andachten genutzt.
Ihr Sohn Werner, ein wackerer Kriegsheld, hatte seine Hauptburg in bzw. in der Nähe von Gatterstädt.
Dort hat sie ihn öfter besucht und lt. einigen Quellen, soll sie sogar zeitweise bei ihm gewohnt haben.
Nach hartnäckiger Überzeugungsarbeit, verbunden mit Drohungen, ihn nicht mehr zu besuchen, brennt Werner 1109 seine Burg ab, um der Mutter in das klösterliche Leben zu folgen.
Somit brachte das 11. Jahrhundert für Gatterstädt die erste Kirche und zwei Heilige, was bezogen auf die bescheidene Größe des Ortes, einer relativ hohen „Heiligendichte“ entspricht.
In dieser Zeit hatte sich bereits das Lehenswesen, ein anderer Ausdruck wäre Feudalismus, entwickelt.
Politisch gehörte unser Ort zum Fürstentum Querfurt und so haben unsere Vorfahren als Hörige an der gewaltigen Burg Querfurt mitgebaut.
1134 erhält der Erzbischof von Magdeburg das Lehensrecht über das Fürstentum Querfurt.
Die edlen Herren von Querfurt ordnen sich freiwillig unter, da sie sonst wohl von ihren Schulden erdrückt worden wären.
13.-15. Jahrhundert
Im 13. Jahrhundert entwickelt sich ein eigener Adel in Gatterstädt.
Der bekannteste Vertreter ist Heinrich von Gatterstädt ein berühmter Advokat seiner Zeit, der auch Amtmann in Sangerhausen war.
1280 wird ein Henning von Gatterstädt als Zeuge in einem Rechtsstreit zwischen Siegfried von Friedeburg und dem Stamm von Widostadt erwähnt.
1306 ist eine Klara von Gatterstädt Supriose im Kloster Kreuzberg an der Werra (heute Philippsthal). Von ihr wird als eine bedeutende Malerin berichtet, die die Äbte des Klosters Hersfeld gemalt habe.
Für die Folgezeit gibt es weitere auch urkundliche Erwähnungen von Personen, zum Teil in Zusammenhang mit Landtausch. Das sprengt den hier vorgesehen Rahmen, oder wird zu langatmig.
Den Adel hat es also nachweislich ab dem Hochmittelalter bis zum Spätmittelalter, in dem wir uns jetzt befinden, und darüber hinaus durchgehend in Gatterstädt gegeben.
Ca. 1330 erhält die Kirche St. Petri, und damit Gatterstädt, ihre erste Glocke. Hergestellt hat sie eine namentlich nicht bekannte Gießhütte, die im mitteldeutschen Raum um Halle mehrere vergleichbare Arbeiten ausgeliefert hat. Das Datum ist ungefähr, da der Glocke beim Guss keine Jahreszahl mitgegeben wurde. Die aufgebrachte lateinische Inschrift lautet in deutscher Übersetzung „Gott segne diese Glocke, das Volk sei wohlbehalten, das Wetter freundlich“.
Aus heutiger Sicht waren die gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit nicht so toll. Die Lebenserwartung unserer Vorfahren lag im Durchschnitt unter 40 Jahren. Grund dafür war unter anderem die hohe Kindersterblichkeit. Gearbeitet wurde von Sonnenauf,- bis Sonnenuntergang. Ab dem fünften Jahr waren die Kinder „arbeitsfähig“. Die Häuser hatten offene Fenster, die bei Kälte irgendwie verschlossen wurden. Es gab zwar Glas, aber das war viel zu teuer.
Da erstaunt folgendes:
1406, am 16. November, vereinigt Bischof Rudolph der II.von Halberstadt die beiden Gatterstädter Kirchen. St. Georgi wird Mutterkirche, St. Petri Filialkirche da sie außerhalb des Ortes liegt.
Aber wann davor wurde nun eigentlich St. Georgi gebaut? Ist das Jahr der Vereinigung, das Jahr der Fertigstellung von St. Georgi? Belastbare Belege dafür liegen nicht vor oder waren nicht zugänglich.
Warum brauchte es eine zweite Kirche? War der Ort gewachsen?
Das ist sehr wahrscheinlich, da in Europa eine Wärmeperiode wirkte, die in der Regel gute Ernten brachte und damit auch die Voraussetzung für eine wachsende Bevölkerung.
Ausgesehen hat die Georgskirche nach Überlieferung der Altvorderen wie die heutige Kirche von Winkel. Da die Kirche in Winkel erst gut 500 Jahre alt ist, haben sich unsere Nachbarn hier wohl ein Beispiel genommen, oder es ist zufällig so.
1478 bekommt auch die Kirche St. Georgi die erste und größte von später insgesamt drei Glocken. Hergestellt in der Gießerei des Naumburger Meisters Claus Riman.
Wie es sich für den Namen der Kirche gehört, ist auf der Glocke der Heilige Georg zu Pferd dargestellt wie er gegen den Drachen ankämpft.
Die Glocken hatten überragende Bedeutung. Vielleicht vergleichbar mit der in späterer Zeit eingeführten Telefontechnik. Es wurde überwiegend zu kirchlichem Anlass wie Gebet, Gottesdienst, Taufe, Tod, etc. geläutet. Aber auch wenn es Neuigkeiten gab wie Krieg, Unwetter oder Brand. Die Leute im Ort liefen zusammen, um den Grund der außergewöhnlichen Bimmelei zu erfahren.
1496 sterben die Edelherren von Querfurt aus.
Der Erzstift Magdeburg zieht das erledigte Lehen ein und verwaltet es selbst. Somit kommt auch Gatterstädt unter Magdeburger Einfluss bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges.
16. Jahrhundert
1505/06 bekommt St.Petri die zweite Glocke und St. Georgi die zweite und dritte Glocke (die Mittlere und die Kleine). Alle drei wurden vom Meister Paul Mas gegossen. Mehr Glocken hat es in Gatterstädt nie gegeben.
1525 wird als erster einer langen Reihe evangelischer Pfarrer Markus Wendius aufgeführt (er war bis 1545 im Dienst). Das würde bedeuten, dass die Reformation Gatterstädt sehr früh erreicht hat. Schon erstaunlich, da der zuständige Kardinal Albrecht des Erzbistums Magdeburg mit aller Strenge gegen die Einführung der Reformation vorging.
1525 war auch die Entscheidungsschlacht des Bauernkrieges in Bad Frankenhausen. Der Anführer der Bauern Thomas Müntzer predigte bis 1524 in der Kirche in Allstedt. Dort hielt er auch seine berühmte Fürstenpredigt.
Für die Gatterstädter Einwohner war es keine Entfernung dort hin zu gelangen. Es ist zwar nicht belegt, aber wenn man eine Verschwörungstheorie aufstellen würde, kam von dort Einfluss. Möglicherweise gab es sogar Gatterstädter Teilnehmer am Bauernkrieg. Wenn ja, dann haben sie mit verloren. Die feudale Struktur war noch zu stark.
1565 stiftet Jobst von Liebenrod zwei Altartafeln, die sich heute in der St. Petri Kirche befinden. Sie schmückten vermutlich vorher die Hauptkirche St. Georgi bis zum Neubau 1854.
1576 Beginn der Kirchenbücher in Gatterstädt.
1595 bis 1599 wird St. Georgi komplett renoviert und erneuert.
1599 Zum Ende des Jahrhunderts errichtet das Rittergut v. Münchhausen die erste Windmühle. Der Standort war hinter der heutigen Windmühle (Rost/Richter) Richtung Querfurt. Die Mühle wurde 1945 abgerissen. Auf der Abbildung sieht man die Mühle und davor den letzten Besitzer.
Fortsetzung folgt…
Autor: Joachim Trautmann
6 Kommentare
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Ein ehemaliger Klaustaler, nämlich Joachim Weber hat mir geschrieben und hilft uns weiter.
Also die Überlieferungen besagen, das Werner von Schraplau seine Burg bei oder in Gatterstädt nach dem Hoftag in Goslar in Juli 1109 verbrannte, um der Welt zu entsagen und im Kloster sein weiteres Leben zu verbringen. Dagegen spricht das Werner, ein Ritter von höchsten Wagemut, edler Körperhaltung, erfolgreich in Turnieren, frohgemut, voller Eifer, seinen Freunden treu, seinen Feinden ein Schrecken, ein Liebhaber und tapferer Recke war.
Nach Joachim Weber und seinen Historikern hat Werner seine Tugenden auch im Auftrag seiner Mutter Paulina zu sehr nach vorn getragen. Mithin hatte er auch sehr viele Feinde. Dazu kommt noch, das Werner im Jahre 1106, Heinrich V wurde neuer Kaiser, den Mörder seines Bruders Friedrich erschlug, der ein Vertrauter des neuen Kaisers war. Wahrscheinlich ist er im Juli 1109 ins Kloster geflohen, um seinen Peinigern zu entgehen.
Das alles spricht natürlich für die Existenz der Schäfersburg, da auch ein Flurstück so heißt.
Nach Joachim Weber ist ein weiteres Indiz für die Existenz der Fakt, das von 1110 bis 1115 durch Heinrich V die Schweinsburg in Bornstedt massiv und kostenaufwendig ausgebaut wurden ist, um die alte Handelsstrasse durch den Ziegelrodaer Forst in Richtung der Salzstadt Halle zu schützen, da die Schäfersburg abgebrannt war.
Geografische Aspekte oder Forschungen, um die Schäfersburg tatsächlich nachzuweisen, sind bis heute nicht erfolgt.
Das könnte doch auch mal eine Aufgabe des Heimatvereins sein, um die Koordinaten anhand der Indizien und der Flurbezeichnungen zu ermitteln und eventuelle Grundmauern auszugraben.
Vielen Dank lieber Joachim Weber für Deine Erleuchtung meinerseits!
Der Klaustaler Lothar Noth, seit 1618 mit seiner Familie in Gatterstädt verankert
Beitrag zur Chronik im Namen von J. Bohne
aus dem 17Jhd Geschichten von Generation zu Generation mündlich weitergegeben.
Es handelt sich um die Begleitung der Prinzessin Katharina aus Zerbst auf dem Weg nach Russland. Ein Sohn aus der Familie Bohne war zu dieser Zeit beim Militär.
Für die Begleitung der Prinzessin wurde der Bohne (Vornamen wissen wir nicht mehr) ausgesucht, begleitete die Prinzessin auf den beschwerlichen Weg nach Russland und kam nicht wieder zurück.
Doch einige Jahre später kam er mit seinem Sohn nach Gatterstädt. Er hatte in eine petersburgische Familie mit Hutfabrik eingeheiratet. Der Junge hatte einen Matrosenanzug an und als sie in Gatterstädt eintrafen rief jemand : ” Bohns Russe ist wieder da ! ”
Nach seinem Besuch kehrte er wieder nach Petersburg zurück.
Im Stammbaum von Hermann II. Herzog von Schwaben und verheiratet mit Gerberga von Burgund ist ein Ururenkel benannt unter den Namen Werner von Schraplau auf Burg Gatterstedt, zirka 1087 geboren.
Vater von diesem war Ulrich von Schraplau verheiratet mit Beata Paulina von Schwarzburg.
Großvater war Thimo von Schraplau verheiratet mit Adelhaid von Ballenstedt.
Urgroßvater mütterlicherseits war Esico von Ballenstedt verheiratet mit Hidda von der Lausitz.
Wo die Burg zu Gatterstedt war und was mit dem Geschlecht derer von Werner von Schraplau geworden ist,
konnte bis jetzt nicht recherchiert werden.
Wer weiß etwas ?!?!
LG Lothar Noth
Ich bin ebenfalls begeistert und schon auf die Fortsetzung gespannt.
Eine sehr schöne Seite haben Sie da erstellt! Ich selbst bin auf der Suche nach einem wordpress-theme auf diese Homepage gestoßen.
Schöne Bilder, gut geschriebene Texte – Respekt!
Viele Grüße aus Anreppen in Westfalen (Kreis Paderborn, ein Ortsteil der Stadt Delbrück)
Habe mir eure Website anggesehen bin begeistert .
Ihr macht eine gute Arbeit, mich interessiert die Chronik und freue mich auf die Fortsetzung.